Keine Chance dem Stress – mit Resilienz gegen Kopfschmerzen

Stress ist eine wesentliche Ursache beim Entstehen von Kopfschmerzen und Migräne. In der Kopfschmerzvorbeugung sind deshalb entspannende und entschleunigende Maßnahmen wichtige Säulen, die auch von der aktuellen Forschung gestützt werden. Kopfschmerzbetroffene sollten rechtzeitig Ausgleich schaffen, wenn zu viel Stress an der Tagesordnung ist, um die Gefahr für Kopfschmerzattacken zu verringern. In diesem Artikel fragen wir nach den Ursachen von Stress, warum er auf jeden Menschen anders wirkt und was laut aktuellen Studien allen Betroffenen zugutekommen kann.

„Resilienz“ – was ist das?

Wir alle kennen diesen einen Menschen, den nichts aus der Ruhe bringen kann. Schwierige, verfahrene oder hektische Situationen, die uns die Schweißperlen auf die Stirn treiben, lassen ihn völlig unbeeindruckt. Andere hingegen erleben wir als regelrechte Nervenbündel, die leicht an ihre Grenzen kommen, sobald etwas nicht nach Plan läuft. Ihnen ist schnell „alles zu viel“ und sie fühlen sich in vielen Situationen überfordert.

Offenbar sind in dieser Hinsicht alle Menschen unterschiedlich. Die Widerstandskraft gegen innere und äußere Überforderung variiert. Humanbiolog*innen und Psycholog*innen sprechen in diesem Zusammenhang von der „Resilienz“ eines Menschen. Der Begriff leitet sich vom lateinischen „resilire“ ab, was man mit „abprallen“ übersetzen kann. Dieses Wort macht sehr plastisch klar, worum es geht. Eine hohe Resilienz hilft uns, widrigen Umständen zu trotzen, Niederlagen und Enttäuschungen wegzustecken und uns von Krankheit und Erschöpfung rasch zu erholen. Man könnte Resilienz auch als eine Art „seelische Widerstandskraft“ beschreiben.

Wie kommt man zu seiner persönlichen Resilienz?

Diese Eigenschaft entwickelt sich bereits im frühen Kindesalter, wenn wir lernen, altersangemessen mit unerwarteten, enttäuschenden oder anderweitig herausfordernden Umständen umzugehen. Sie ist niemals statisch festgelegt, sondern entwickelt sich situations- und altersabhängig auf die verschiedenen Lebensbereiche bezogen. Ist die Resilienz eines Menschen niedrig ausgeprägt, kann sich das erheblich auf das allgemeine Wohlbefinden auswirken. Die Auswirkungen von außergewöhnlichen Anforderungen lösen dann ein verstärktes Stressempfinden aus. Eine hohe Resilienz ermöglicht es uns, auf Herausforderungen gelassen zu reagieren.

Welche Eigenschaften dienen der Resilienz?

Allgemein gesprochen kann man sie als Persönlichkeitseigenschaften bezeichnen. Sie sind vielfältig. Dabei handelt es sich beispielsweise um:
– Kommunikationsbereitschaft und -fähigkeit
– Selbstwirksamkeit (die Überzeugung, Probleme und Krisen aus eigener Kraft bewältigen zu können)
– Lebenserfahrung (das Wissen darum, dass Krisen vorkommen und überwunden werden können)
– Humor
– Impulskontrolle (diese hilft, bei eingehenden Nachrichten/Reizen nicht überzogen zu reagieren)
– Einfühlungsvermögen
– Positive Selbstwahrnehmung
– Positive und konstruktive Fehlerkultur (Fehler nicht ignorieren oder bestrafen, sondern als Möglichkeiten verstehen, sich weiterzuentwickeln)
– Zielorientierung (angemessene Einschätzung der Situation und Gestaltung der Reaktion darauf in einer Weise, die einen dem Ziel näherbringt)

Hinzu kommt eine Haltung, die man als „behutsam und verständnisvoll im Umgang mit sich selbst“ bezeichnen könnte: Es hilft enorm, wenn man sich nicht selbst überfordert oder übermäßig selbstkritisch mit sich umgeht.

Von der amerikanischen Psycholog*innenvereinigung stammt eine simple Anleitung, die das Erlernen von seelischer Widerstandsfähigkeit erleichtert. Sie besteht aus drei Säulen:
– Die Menschen sollen gut für sich sorgen.
– Sie sollen ihre eigenen Fähigkeiten nicht infrage stellen.
– Sie sollen soziale Kontakte pflegen, um ein positives und unterstützendes Umfeld

Die Forschung zu Resilienz und Stressverhalten zeigt, dass man neben der Arbeit an persönlichen Resilienzfaktoren das eigene Stressempfinden durch eine bestimmte Stellschraube merklich herunterregulieren kann. Gemeint sind regelmäßige Inseln der Erholung vom Alltagstrubel, auch „Pausen“ genannt.

Konsequente Pausenkultur hilft

Häufig ist im Zusammenhang mit unseren „modernen“ Zeiten von der 24/7-Welt die Rede. Selbstverständlich ist niemand in der Lage, über 7 Tage hinweg jeden Tag 24 Stunden lang aktiv zu sein. Dennoch dokumentiert diese Bezeichnung ein Wunsch- oder Anspruchsdenken an unseren Alltag. Das ist ebenso unrealistisch wie gefährlich und deshalb nicht wünschenswert. So wie in der Musik die Pausen zum Werk gehören, sind sie auch im Alltag unerlässlich. Dennoch haben wir verlernt, dies konsequent zu beherzigen und für uns selbst umzusetzen. Die Bedeutung von Ruhepausen und Auszeiten vom Alltag wird nach wie vor unterschätzt.

Ein Beispiel, wie man seine Pausen besser nicht gestalten sollte, liefern südkoreanische Forschende. Sie untersuchten in einer großen Firma das Verhalten von Mitarbeitenden während der Mittagspause. Die Gruppe, welche diese Zeit mit Aktivitäten auf dem Handy verbracht hatte, gab an, dadurch gut von der Arbeit abgelenkt und erholt zu sein. Es zeigte sich aber, dass diese Mitarbeiter*innen am Ende des Arbeitstages wesentlich erschöpfter waren als Kolleg*innen, die ihre Pause zum Gespräch miteinander genutzt hatten oder einfach ohne elektronischen Begleiter an der frischen Luft gewesen waren.

Solche und ähnlich lautende Berichte scheinen nahezulegen, dass es manchmal eine regelrechte Planung von Pausen braucht und eine Art „Gebrauchsanleitung“, wie man diese gestalten sollte. In der Tat lassen sich einige Maßnahmen benennen, wie man Pausen zu wirklichen Auszeiten machen kann, die einem Entspannung und Erholung verschaffen.

Die wichtigste Regel: Abschalten heißt abschalten

So banal es klingt: Wir erholen uns nicht, wenn wir beispielsweise in der Pause von der Computerarbeit unser Smartphone benutzen. Denn beide Tätigkeiten fordern die gleichen Hirnareale, das heißt, wir arbeiten im Grunde weiter, nur mit anderen Geräten.

Expert*innen raten: Schon kleine Pausen können hilfreich sein, um wieder frisch für die Arbeit zu werden. Voraussetzung ist allerdings, dass man währenddessen keine starke Konzentration auf andere Dinge verwendet – denn das zehrt zusätzlich an den Ressourcen.

Die britische Psychologin Sandi Mann leitet von ihren Studienergebnissen sogar die These ab, Langeweile mache uns Menschen erst so richtig kreativ. In einer Untersuchung bat sie Proband*innen, Nummern aus einem Telefonbuch abzuschreiben, in einem zweiten Durchlauf sogar, diese lediglich zu lesen. Das Gehirn der Teilnehmenden war währenddessen so unausgelastet, dass in der anschließenden Übung durch einen aufgestauten Überschuss an Einfallsreichtum viel mehr Ideen entstanden als normalerweise. In der Folge dieser aufsehenerregenden Arbeit gab es weitere Untersuchungen mit vergleichbaren Resultaten.

Pausieren, bevor es zu spät ist

Am besten plant man bereits am Anfang einer Tätigkeit regelmäßige und realistische Pausen ein. Die erste Auszeit sollte man sich bereits früh nach Arbeitsbeginn erlauben. So erhält man sich die Chance, über längere Zeit hinweg tatkräftig und aufnahmefähig zu bleiben. Pausen erst dann einzulegen, wenn man sich erschöpft fühlt, ist dem Rat von Expert*innen zufolge keine gute Idee. Fachleute empfehlen nach Arbeitsblöcken von etwa 90 bis 120 Minuten Ruhepausen von 20 bis 30 Minuten Dauer. Weil nicht alle Menschen diesbezüglich gleich sind, hilft es auch hier auszuprobieren, welche Intervalle bei welcher Tätigkeit besonders gut zur Regeneration beitragen.

Eine weitere Untersuchung beobachtete 95 Mitarbeiter*innen eines Betriebes über fünf Tage hinweg in ihrem Pausenverhalten. Dabei zeigte sich, dass die Beschäftigten sich sowohl körperlich als auch mental besser fühlten, wenn die ersten Pausen bereits am Morgen eingelegt wurden. Ein weiteres Resultat der Erhebung: Häufig erzeugten schon wenige Minuten Auszeit spürbare Erholungseffekte.

Ein guter Tipp, der aus zahlreichen Erhebungen hervorgeht, ist, für ein paar Minuten nach draußen zu gehen. Je nachdem, wo sich der Arbeitsplatz befindet, kann es schon von großem Nutzen sein, einmal um den Block zu laufen oder ein Stück weit in einen benachbarten Park oder eine Grünanlage. Schon fünf bis zehn Minuten eines solchen „Ausflugs“ reichen aus, den Kopf im wahrsten Sinne des Wortes frei und eine mentale Auffrischung zu bekommen.

Pausen helfen – auch gegen Kopfschmerzen

Auf die vorbeugende Wirkung gegen Kopfschmerzen, die von regelmäßigen Pausen ausgeht, weisen Forscher*innen seit Jahren aus guten Gründen hin. Die Erkenntnisse der Resilienzforschung stützen diese Annahmen. Stress ist und bleibt ein Kernfaktor beim Entstehen von Migräne und Kopfschmerzen. Eine gesunde Pausenkultur ist einer der Trümpfe in der Stressbewältigung. Im Alltag zeigt sich aber auch: Pausenmachen will gelernt sein. Es ist leichter gesagt als getan, sich von den alltäglichen Aufgaben regelmäßig Auszeiten zu nehmen, in denen man abschaltet. Gerade am Anfang kann es schwer sein, den Kopf wirklich freizubekommen. Die Erfahrung zeigt aber auch: Dranbleiben lohnt sich. Wer regelmäßig den Arbeitsplatz für einen kurzen Spaziergang verlässt und auch das Handy weglegt, kann viel tun für die persönliche Kopfschmerzprävention.

  • Quellenangaben
    • Bench SW, Lench HC. Boredom as a seeking state: Boredom prompts the pursuit of novel (even negative) experiences. Emotion. 2019 Mar;19(2):242-254. doi: 10.1037/emo0000433. Epub 2018 Mar 26. PMID: 29578745.
    • Bengel, J., Lyssenko, L. (2012) Resilienz und psychologische Schutzfaktoren im Erwachsenenalter: Stand der Forschung zu psychologischen Schutzfaktoren von Gesundheit und Erwachsenalter. Hrsg. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln (1. Januar 2012), ISBN-13: ‎ 978-3942816229
    • Cropley M, Weidenstedt L, Leick B, Sütterlin S. Working from home during lockdown: the association between rest breaks and well-being. Ergonomics. 2022 Jul 12:1-11. doi: 10.1080/00140139.2022.2095038. Epub ahead of print. PMID: 35762878.
    • Hongjai Rhee and Sudong Kim. 2016. Effects of breaks on regaining vitality at work. Comput. Hum. Behav. 57, C (April 2016), 160–167. doi.org/10.1016/j.chb.2015.11.056
    • Kim, Sooyeol, YoungAh Park and Qikun Niu. Micro‐break activities at work to recover from daily work demands. Journal of Organizational Behavior 38 (2017): 28-44.
    • Maddi, S. R., Khoshaba, D. M. Resilience at Work: How to Succeed No Matter What Life Mann S, Cadman R (2014) Does Being Bored Make Us More Creative?. Creativity Research Journal, 26:2, 165-173, DOI: 10.1080/10400419.2014.901073
    • Internet:
    • https://creativecloud.adobe.com/de/discover/article/a-science-backed-guide-to-taking-truly-restful-breaks (abgerufen am 1.12.2022)
    • https://www.welt.de/iconist/partnerschaft/article174254462/Konzentrationsschwaeche-Ein-Smartphone-auf-dem-Tisch-macht-ungluecklich.html (abgerufen am 30.11.2022)
    • https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/resilienz/56351 (abgerufen 1.12.2022)
    • https://www.riffreporter.de/de/wissen/arbeit-pausen-homeoffice-work-life-balance-resilienz-entspannung?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE (abgerufen 29.11.2022)