Sommer – Sonne – Kopfschmerz: Kann Hitze uns Kopfschmerzen bereiten?

Wer unter Kopfschmerz vom Spannungstyp („Spannungskopfschmerz“) oder Migräne leidet, erlebt nicht selten die Verschlimmerung der Beschwerden im Sommer. Steigen die Temperaturen an, so wächst auch die Angst vor der nächsten Attacke. Hitze gilt seit jeher als wichtiger Auslöser („Trigger“) für die beiden häufigsten Kopfschmerzerkrankungen. Was aber sagt die Wissenschaft? Kann man den Zusammenhang tatsächlich nachweisen? Und welche Maßnahmen können Betroffene ergreifen, um den Attacken vorzubeugen?

Hitze und Kopfschmerz: noch immer viel Raum für Forschung

Verglichen mit der Zahl wissenschaftlicher Untersuchungen zu anderen ursächlichen Umständen und Hintergründen bei der Entstehung von Kopfschmerzen gibt es über die Auswirkungen von Hitze durchaus Nachholbedarf. Dieses Gebiet wurde nämlich bislang durch die Forschung eher spärlich in den Blick genommen. Gleichwohl gibt es Ansätze, Licht ins Dunkel zu bringen, von denen wir in diesem Beitrag einige etwas näher beschreiben wollen.

Forschungs-Frage: Könnten Temperatur und Luftdruck von Bedeutung sein?

Eine der bis heute eher vorsichtig formulierten Vermutungen in der Forschung besagt, dass starke Wetterumschwünge die Entstehung von Kopfschmerzen begünstigen könnten. Vor allem eine rasche Veränderung des Luftdrucks wird als mögliche Ursache benannt. Darauf deuten zumindest einige Untersuchungen hin.

Auch eine umfangreiche Erhebung um Zusammenhang mit mehr als 7.000 Teilnehmenden an einem Medizinzentrum im US-amerikanischen Boston benennt die Einflüsse von Temperatur und Luftdruck. Zur Begründung für die Untersuchung sagte der Studienleiter: „Wetterfaktoren gehören zu den am meisten genannten Auslösern für Kopfschmerz, obwohl sie mit am schlechtesten erforscht und beschrieben sind. Wir möchten mit unserer Erhebung herausfinden, ob man diese ‚klinische Folklore‘ wissenschaftlich bestätigen kann.“

Ein Ergebnis der Forschungen ist ein beweisbarer Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Umgebungstemperatur und der Entstehung von Kopfschmerz- bzw. Migräneattacken. Auch der Luftdruck stellte sich als wichtige Einflussgröße heraus: Die Gefahr für ein Kopfschmerzereignis stieg nachweislich an, wenn in den 24 bis 72 Stunden vor Einsetzen der Beschwerden der Luftdruck niedriger lag als sonst. Ein solcher Kopfschmerz bei Tiefdruck-Wetterlage zeigte sich vor allem bei Spannungskopfschmerz-Betroffenen.

Spielt auch die Luftverschmutzung eine Rolle?

Untersuchungen in Notaufnahmen medizinischer Zentren in mehreren kanadischen Großstädten (Ottawa, Calgary, Vancouver, Edmonton) nahmen die Luftverschmutzung als möglichen Mitverursacher bei der Entstehung von Kopfschmerzen in den Blick. Hier fand man bei weiblichen Patienten tatsächlich einen starken Zusammenhang von Migräneattacken und Schwefeldioxidgehalt (SO2) der Luft in der warmen und Feinstaub in der kalten Jahreszeit. Männer reagierten im Sommer besonders stark auf Stickoxid (NO2). Das ist insofern im Zusammenhang mit Hitze von besonderer Bedeutung, als in der warmen Jahreszeit neben der Temperatur gerade in den Ballungsräumen die Belastung durch Luftschadstoffe enorm steigt.

Weitere Untersuchungen konnten zeigen, dass es gerade in Hitzezeiten zusätzlich zu großen Herausforderungen durch die Entstehung von sogenannten „Hitze-Inseln“ kommt. Diese treten auf, wenn sich die Luftmasse in einem fast abgeschlossenen innerstädtischen Bereich kaum bewegen kann und durch die Sonneneinstrahlung auf sehr hohe Temperaturen aufgeheizt wird. Wie eine niederländische Forschungsgruppe kürzlich berichtete, werden Kopfschmerzattacken unter solchen Extrembedingungen außergewöhnlich häufig beobachtet.

Dass die Frage, ob und wie das Wetter unser Kopfschmerzgeschehen beeinflusst, schon länger ein Gegenstand des Forschungsinteresses ist, haben wir bereits früher in diesem Beitrag erläutert.

Das Tag-Nacht-Hormon Melatonin

Von Interesse ist auch die Frage, welche Rolle das köpereigene Hormon Melatonin bei der Entstehung von Kopfschmerzen spielen könnte. Melatonin wird im Gehirn (in der Zirbeldrüse oder auch Epiphyse) gebildet und wirkt an vielen Regulierungsvorgängen mit. Unter anderem ist es an der Steuerung unseres Tag-Nacht-Rhythmus beteiligt und spielt auch eine Rolle bei der Koordinierung derjenigen Vorgänge im Körper, die auf den Tageslauf abgestimmt stattfinden.

In der Untersuchung einer norwegischen Forschungsgruppe zeigte sich, dass bei Migränepatient:innen im Gegensatz zur nichtbetroffenen Allgemeinbevölkerung der Melatoningehalt im Blut abnimmt, wenn sie dem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Gleichzeitig sind Migränebetroffene häufig besonders lichtempfindlich. Diese Tatsache ist schon länger bekannt und trägt bei entsprechend veranlagten Menschen dazu bei, dass es unter Einwirkung von grellem Licht verstärkt zu Migräneattacken kommen kann. Das ist naturgemäß im Sommer von besonderer Bedeutung. Die Wissenschaftler vermuten überdies, dass daran eine Fehlfunktion des Gehirnareals beteiligt ist, das ebenfalls an der Steuerung der „inneren Uhr“ mitwirkt.

Kann man sich schützen?

Die bei Weitem wichtigste Regel bei Hitze besagt: unbedingt ausreichend trinken! Liegt die allgemein empfohlene Trinkmenge unter Normalbedingungen schon bei mindestens 1,5 l pro Tag, so gilt bei höheren Temperaturen, noch einmal deutlich mehr Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Dass Flüssigkeitsmangel einen entscheidenden Umstand bei der Auslösung von Kopfschmerz- und Migräneattacken darstellt, ist durch viele Forschungsergebnisse belegt. Da man beim Schwitzen immer auch Mineralstoffe wie Natrium, Kalium oder Magnesium verliert, dient das Trinken außerdem dazu, diese Speicher wieder aufzufüllen. Mineralreiche Wässer sind dabei besonders hilfreich.

Grundsätzlich sollten gerade Migränepatient:innen bei starker Sonneneinstrahlung den Aufenthalt in der prallen Sonne vermeiden. Hält man sich im Freien auf, ist ein ausreichender Schutz des Kopfes – insbesondere der Augen – wichtig. Eine leichte Kopfbedeckung verhindert die allzu starke Erwärmung des Kopfbereiches. Sonnenbrillen sollten einen ausreichenden Schutz gegen die UV-Strahlung der Sonne gewährleisten.

Nutzt man bei starker Hitze eine Klimaanlage in Haus oder Auto, sollte diese mit Bedacht eingestellt werden. Ist die Temperatur zu niedrig, können sich die Temperaturwechsel zwischen Drinnen und Draußen wie ein Schock auswirken: Zu besonders heißen Zeiten kann der Unterschied hier mehr als 20° Celsius betragen. Das setzt den menschlichen Körper einer großen Belastung aus.

Was die Ernährung bei Hitze angeht, sollte man sich für Lebensmittel entscheiden, die den Körper mit wichtigen Nährstoffen versorgen, ohne eine große Belastung für das Verdauungssystem mit sich zu bringen. Regelmäßige Mahlzeiten mit ausreichenden, möglichst komplexen Kohlehydraten sind vor allem für Migränebetroffene wichtig. Das Gehirn muss auch bei hohen Temperaturen zuverlässig und ausreichend mit Energie versorgt werden. Hier gilt es besonders, starke Schwankungen im Blutzuckerspiegel zu vermeiden. Leichtere Mahlzeiten mit hohem Nährstoffgehalt bekommen den meisten Kopfschmerz-Betroffenen gut.

Bei Sport und Bewegung ist es wichtig, auf seinen Körper zu hören. Starke Anstrengung bei hohen Umgebungstemperaturen ist eine große Belastung und kann außerdem vor allem bei Migränebetroffenen als Auslöser von Attacken wirken. Die Grundregel bei Hitze lautet also: Stets die Belastung für den Körper ernst nehmen und wo immer möglich für Ausgleich und Entlastung sorgen.

  • Quellenangaben
    • Alstadhaug KB, Salvesen R, Bekkelund SI. Seasonal variation in migraine. Cephalalgia. 2005 Oct;25(10):811-6. doi: 10.1111/j.1468-2982.2005.01018.x. PMID: 16162258.
    • Becker JA, Stewart LK. Heat-related illness. Am Fam Physician. 2011 Jun 1;83(11):1325-30. PMID: 21661715.
    • Lilleng H, Bekkelund SI. Arctic environment triggers migraine attacks. Can Fam Physician. 2010 Jun;56(6):549-51. PMID: 20547521; PMCID: PMC2902942.
    • Mukamal KJ, Wellenius GA, Suh HH, Mittleman MA. Weather and air pollution as triggers of severe headaches. Neurology. 2009 Mar 10;72(10):922-7. doi: 10.1212/01.wnl.0000344152.56020.94. Erratum in: Neurology. 2009 Oct 27;73(17):1428. PMID: 19273827; PMCID: PMC2677474.
    • Szyszkowicz M, Kaplan GG, Grafstein E, Rowe BH. Emergency department visits for migraine and headache: a multi-city study. Int J Occup Med Environ Health. 2009;22(3):235-42. doi: 10.2478/v10001-009-0024-5. PMID: 19819836.
    • Traini E, Portengen L, Ohanyan H, van Vorstenbosch R, Vermeulen R, Huss A. A prospective exploration of the urban exposome in relation to headache in the Dutch population-based Occupational and environmental health cohort study (AMIGO). Environ Int. 2024 Jun;188:108776. doi: 10.1016/j.envint.2024.108776. Epub 2024 May 25. PMID: 38810494.