Dem Stress Grenzen setzen – Pausen helfen gegen Kopfschmerz

Viele Untersuchungen deuten auf einen Zusammenhang von Stress und Kopfschmerz hin. Stressauslösend können nicht nur ‚große‘, seltene Ereignisse sein, die einen kurzfristig stark herausfordern, sondern auch die kleinen, nervenaufreibenden Vorkommnisse des Alltags. Und genau da kommen Pausen ins Spiel...

Kopfschmerz als häufiger Begleiter berufstätiger Menschen

Dass Kopfschmerz für Menschen, deren Arbeitsmittelpunkt in einem Büro oder einem vergleichbaren Umfeld angesiedelt ist, ein erhebliches Problem darstellt, ist schon seit längerer Zeit bekannt. Die wissenschaftlichen Untersuchungen dazu haben hingegen noch längst nicht alle verantwortlichen Umstände und Mechanismen aufgedeckt, die dabei wirksam sind. Auch die Mittel und Wege, wie den Betroffenen dabei geholfen werden kann, ihre Beschwerden ohne übermäßigen Einsatz von Medikamenten zu lindern und vor allem vorbeugend tätig zu werden, sind leider noch zu wenig bekannt. Höchste Zeit also, dass sich hier etwas tut.

Daher führte die gemeinnützige ZIES gGmbH im Jahr 2018 die erste umfassende Erhebung zur Kopfschmerzbelastung von Berufstätigen durch. Das Projekt war Teil der noch größer angelegten epidemiologischen Untersuchung „KopfHoch – Kopfschmerz & Migräne an der Hochschule kompetent vorbeugen“, in dessen Rahmen an der Technischen Universität Dresden, der Fachhochschule Kiel und der Humboldt-Universität zu Berlin Maßnahmen zur Kopfschmerzprävention sowohl für Studierende als auch für Hochschulmitarbeiter*innen durchgeführt und anschließend bewertet wurden. Grundlage der daraus gewonnenen Erkenntnisse waren die Resultate aus Erhebungen unter mehr als 1100 Teilnehmenden Mitarbeiter*innen.

Die grundlegenden Befunde aus der Untersuchung sollen im Folgenden umrissen und eingeordnet werden: Der überwiegende Teil der Betroffenen leidet unter Migräne oder Kopfschmerz vom Spannungstyp (kurz: Spannungskopfschmerz), wie aus der Befragung hervorgeht. Aber auch der Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch kommt vor. Beinahe zwei Drittel der Befragten gaben an, dass sie in den zurückliegenden drei Monaten Kopfschmerz hatten, der nicht im Zusammenhang mit einer anderen Erkrankung stand. Frauen waren mit fast 74% deutlich häufiger betroffen als Männer (55%). Wie sich auch zeigte, verzichten viele auf ärztlichen Rat, 90% nehmen ohne eine Verordnung Medikamente gegen ihre Beschwerden.

Kopfschmerz beeinträchtigen Beschäftigte stark

Jede*r zweite Migränepatient*in und fast jede*r fünfte Patient*in mit Spannungskopfschmerz gaben an, dass die Beschwerden sie erheblich belasten. Die erlebten Einschränkungen wirkten sich demnach spürbar auf die Leistungsfähigkeit bei der Arbeit aus, was sich nicht zuletzt in einer Zunahme der Fehltage im Job niederschlug. Auch blieb die Freizeit von Beeinträchtigung nicht verschont. Letztlich wurde bei den Betroffenen die gesamte Lebensqualität durch Kopfschmerz und Migräneattacken in Mitleidenschaft gezogen. Dies ist zweifellos eine beunruhigende Bestandsaufnahme.

Stress ist ein Kopfschmerzfaktor

Zahlreiche Untersuchungen deuten auf einen Zusammenhang von Stress und Kopfschmerz hin. Stressauslösend können nicht nur ‚große‘, seltene Ereignisse sein, die einen kurzfristig stark herausfordern, sondern auch kleine, häufigere und nervenaufreibende Vorkommnisse oder Umstände – sozusagen ‚alltägliche kleine Ärgernisse‘. Dazu zählen beispielsweise Überforderung, Termindruck, Konflikte mit Kolleg*innen oder im privaten Bereich, aber auch bisweilen Unterforderung und Eintönigkeit.

Fehlhaltungen erhöhen das Kopfschmerzrisiko

Viele Berufstätige verbringen eine Menge Zeit am Schreibtisch oder auch bei Besprechungen, also im Sitzen, oftmals vor einem Computer. Gerade die Bildschirmtätigkeit belastet den Energiehaushalt, indem sie den energieintensiv arbeitenden Sehnerv besonders in Anspruch nimmt. Ein ausgeglichener Energiehaushalt ist bei Menschen mit Migräne besonders wichtig. Zusätzlicher Faktor: Viele sitzen bei der Arbeit in anstrengender, sogenannter unergonomischer Haltung. Der Schulter- und Nackenbereich verkrampft sich und die Halswirbelsäule wird in Mitleidenschaft gezogen. Diesen sogenannten muskulo-skelettalen Stress nehmen Betroffene selbst oft nicht wahr. Weil man sich stark konzentriert und nicht von der Arbeit abgelenkt werden möchte, überhört man wichtige Warnsignale des Körpers, wie z.B. Verspannungsgefühle im Nacken. Man verbleibt in der Fehlhaltung und erhöht damit insbesondere das Risiko von Spannungskopfschmerz.

Die Forschung zeigt: Pausen sind unverzichtbarer Teil der Vorbeugung

Verschiedene Untersuchungen nahmen den Einfluss von Pausen auf die Kopfschmerzbelastung von Bürobeschäftigten in den Blick, die hauptsächlich am Schreibtisch arbeiten. Die Ergebnisse: Wenn man seine Arbeitshaltung am Schreibtisch regelmäßig unterbricht, hat das einen merklichen positiven Einfluss auf die Kopfschmerzbelastung. Als besonders effektiv werden von den Forscher*innen Pausen ausgemacht, in denen Ausgleichsbewegungen zur Sitzposition gemacht werden, außerdem das Praktizieren von Stärkungs- und Dehnübungen der besonders beanspruchten Körperbereiche. Stress lässt sich auch durch das regelmäßige Ausüben von speziellen Entspannungstechniken vermindern. Alle diese Maßnahmen können dafür sorgen, dass Kopfschmerz gar nicht erst entsteht und sollten als wirkungsvolle Vorbeugung genutzt werden.

Tipp 1: Regelmäßige Pausen einplanen und einhalten

Planen Sie in Ihren Arbeitsalltag realistische, aber regelmäßige Pausen ein. Viele Betriebe legen heutzutage Wert darauf, dass die Mitarbeiter*innen ihre Pausenzeiten ernst nehmen. Die Erkenntnis setzt sich durch, dass konzentriertes Arbeiten nur möglich ist, wenn regelmäßige Pausen eingelegt werden.
Besonders nützlich sind sogenannte aktive Pausen. Diese kann man sehr unterschiedlich gestalten. Vor allem sollte man seine Sitzposition verlassen. Aufstehen, durch den Raum gehen, Arme und Beine ausschütteln, die Muskulatur lockern. Wenn möglich, sollte man auch öfter ein Fenster öffnen, frische Luft einlassen, sich kräftig ausstrecken und dabei tief durchatmen.

Tipp 2: Trink-Pausen

Trinken Sie in Ihren Pausen in Ruhe einige Schlucke Wasser oder andere ungesüßte Getränke wie zum Beispiel Tee. Ohne Wasser kann unser Gehirn nicht arbeiten. Trink-Pausen helfen, auf die empfohlenen 2–3 Liter Flüssigkeit pro Tag zu kommen. Eine ausreichende und regelmäßige Versorgung mit Flüssigkeit trägt wesentlich dazu bei, Kopfschmerz und Migräneattacken vorzubeugen.

Tipp 3: Essens-Pausen

Ähnliches gilt für die gleichmäßige Zufuhr von Nähr- und Brennstoff für den Körper. Zum Essen sollte man eine bewusste Pause einlegen. Es bringt nichts, mit den Augen auf dem Computermonitor hastig in eine Stulle zu beißen. Auch wenn man es nicht so wahrnimmt: Das bringt Stress und belastet die Verdauungsorgane. Konzentrieren Sie sich auf das Essen und nehmen Sie sich ausreichend Zeit dafür. Machen Sie keine lästige Übung aus der Nahrungsaufnahme, die man rasch hinter sich bringt, sondern genießen Sie diese kleine Auszeit bewusst.

Tipp 4: Entspannung und Bewegung

Das Ausüben bestimmter Entspannungstechniken hat sich in der Praxis als sehr wirksam erwiesen, um Stress abzubauen und Kopfschmerz vorzubeugen. Entspannungsübungen helfen dabei, auch dann für einen kurzen Moment zur Ruhe zu kommen, wenn Anstrengung und Zeitdruck überhandnehmen und das Stressgefühl steigt. Gerade dann bringen sie den größten Nutzen. Eine besonders bewährte Technik ist die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson. Es gibt sie auch in Kurzform, so dass man die Übungen gut in den Arbeitsalltag einbauen kann.
Sport kann ebenso beim Stressabbau helfen. Versuchen Sie, regelmäßig Sport zu machen, der Ihnen guttut. Körper und Geist profitieren von moderater sportlicher Betätigung, angestauter Stress wird buchstäblich abgeschüttelt. Auch regelmäßige Spaziergänge sind gut fürs Bewegungs-Konto.

Tipp 5: Zum guten Schluss der gute Schlaf

Regelmäßiger, gesunder Schlaf ist ein entscheidender Faktor bei der Vorbeugung gegen Kopfschmerz. Dies wurde in zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen gezeigt. Wichtig ist, nicht ‚aus vollem Lauf‘ schlafen zu gehen. Vielmehr sollte man sich zuvor eine halbe Stunde Zeit nehmen, um zur Ruhe zu kommen. Am besten bei ausgeschaltetem Handy und, falls man ein solches pflegt, einem möglichst angenehmen abendlichen Ritual. So kommen Körper und Kopf zur Ruhe. Nach etwa sieben Stunden erholsamer Nachtruhe startet man dann gestärkt und ohne Kopfschmerz in den neuen Tag.

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