Wenn die Winterstimmung uns Kopfschmerzen bereitet

Der Winter mit seinen kurzen, trüben Tagen stellt für viele Menschen eine Belastung dar, die sich sowohl auf den seelischen als auch den körperlichen Zustand auswirkt. Das ständige Grau färbt offenbar auf unsere Gemütslage ab. Dieser Zustand wird umgangssprachlich oft mit dem Begriff „Winterblues“ benannt und erstmals von dem amerikanischen Wissenschaftler Norman Rosenthal beschrieben.

Auslöser ist oft Vitaminmangel

Dabei handelt es sich um eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die man durch bestimmte Stoffwechselvorgänge erklären kann. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Vitamin D. Vitamin D kann vom Körper nur hergestellt werden, wenn der Mensch ausreichender Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist. Die Sonne liefert nämlich die nötige Energie für diesen Vorgang, die dann in der Haut eine Stoffumwandlung in Gang setzt.
Aufgrund dieses Zusammenhangs ist unser Körper in den Wintermonaten nicht in der Lage, das unverzichtbare Vitamin in ausreichender Menge herzustellen. Viele Wissenschaftler nehmen sogar an, dass der moderne Mensch, der sich viel in Innenräumen aufhält, generell unter einem Mangel an Vitamin D leidet. Untersuchungen dazu ergaben, dass auf der Nordhalbkugel der Erde zwischen 50 und 70 Prozent der Bevölkerung unterversorgt sind.

Vielfältige Funktionen von Vitamin D

D-Vitamin entfaltet seine Wirkung an unterschiedlichen Stellen unseres Stoffwechsels. Entsprechend vielgestaltig sind die Folgen einer Unterversorgung. Es hat einen entscheidenden Einfluss auf den Kalzium- und Phosphat-Haushalt, sorgt also für Knochenaufbau und -erhalt. Ein Mangel führt zum Verlust an Knochensubstanz. Außerdem unterstützt es die ordnungsgemäße Funktion der Muskulatur und die Zellbildung im Immunsystem. Auch die Hormonsynthese in der Schilddrüse und die Bildung von Insulin in der Bauchspeicheldrüse werden von diesem Vitamin beeinflusst. Zu guter Letzt wirkt sich der Stoff auf unsere Stimmungslage aus, sein Fehlen beeinträchtigt unser Befinden.

Vitamin D und Kopfschmerz

Unter den Mangelerscheinungen im Zusammenhang mit diesem Vitamin wird auch ein verstärktes Auftreten von Kopfschmerz beschrieben, und zwar sowohl als Kopfschmerz vom Spannungstyp als auch von Migräne. Dies wurde in jüngerer Zeit in verstärktem Maße untersucht.
Bei Kopfschmerzpatienten in vielen Ländern wie etwa Norwegen, Korea, Türkei, Indien oder den USA fand man erstaunlich übereinstimmende Zusammenhänge. Besonders fällt ins Auge, dass überall ähnlich viele Betroffene unter einem ausgeprägten Mangel an Vitamin D litten. Dabei gab es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Schwere, Dauer und Häufigkeit der Beschwerden auf der einen und dem Ausmaß an Vitamin-Unterversorgung auf der anderen Seite, und zwar bei Migräne und Kopfschmerz vom Spannungstyp gleichermaßen. In vielen Erhebungen stand die Anzahl der Kopfschmerztage in engem Zusammenhang mit besonders niedrigen Vitaminwerten der Patienten.

Abhilfe durch Vorbeugung

Um dem Mangel an Vitamin D zu begegnen, können alle Betroffenen aktiv werden, und zwar mit einer ebenso einfachen wie preiswerten Maßnahme. Diese besteht darin, möglichst viel Zeit draußen an der frischen Luft zu verbringen und konsequent jeden Sonnenstrahl auszunutzen. Auch im Winter gibt es zahlreiche Sonnentage. Warum nicht einmal die Mittagspause um einen Spaziergang verlängern? Gerade wenn die Sonne für milde Temperaturen sorgt, sollte man diese Momente zum „Auftanken“ im Freien genießen. Dadurch kann der Körper seinen Vitaminmangel vermindern.
Dennoch lässt sich der Mangel an D-Vitamin oftmals nicht ganz ausgleichen. Deshalb hat die Wissenschaft einen zweiten Ansatz entwickelt, nämlich die Anregung der Vitaminbildung mithilfe von Tageslichtlampen zu unterstützen. Auch ärztlicherseits wird diese Vorgehensweise als hilfreich angesehen und daher empfohlen.

Nur dann, wenn alle vorbeugenden Maßnahmen nicht ausreichen, kann man Vitamin D als Medikament einsetzen. Dies sollte allerdings immer unter ärztlicher Anleitung und für einen sehr begrenzten Zeitraum erfolgen. Dabei müssen stets alle Vor- und Nachteile einer solchen Behandlung erwogen werden. Den Einsatz eines Medikaments sollte man nur als letzte Möglichkeit in Betracht ziehen.

Möglicherweise werden uns zukünftig weitere, dem Kopfschmerz vorbeugende Maßnahmen etwas Linderung in den Wochen des „Winterblues“ verschaffen. Echte Erleichterung stellt sich allerdings erst dann ein, wenn die Tage wieder länger werden und die Sonne uns mit wohltuendem Licht und Wärme zum „Vitamine tanken“ einlädt. Bis dahin gilt auch in der dunklen Jahreszeit: Kopfschmerzbetroffene sollten sich möglichst oft draußen an der frischen Luft bewegen und jeden Sonnenstrahl nutzen.

  • Quellenangaben
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